„Wir haben unser altes Bootshaus zurück“

Starnberg – Der ungewohnte Anblick ließ Andreas Ubrig erschaudern. „Wir haben unser altes Bootshaus zurück“, durchfuhr es das Vorstandsmitglied des Münchner Yacht-Clubs (MYC), als es sich zum ersten Mal dem Neubau von der Seeseite näherte. Fast schien es, als sei das einst denkmalgeschützte Gebäude in alter Pracht und Größe wiederauferstanden aus der Asche, die der bis heute unaufgeklärte Brand an jenem unglückseligen 6. November 2015 von ihm übrig gelassen hatte. Der Stolz und die Freude, der die Mitglieder über die Wiederrichtung des Bootshauses erfüllte, waren bei seiner festlichen Einweihung am Sonntag mit Händen zu greifen.

„Hier ist etwas Außergewöhnliches wiedererstanden“, pries Stefan Larras-Greger das neue Gebäude. Der Architekt hatte dem Verein durch den fast originalgetreuen Nachbau wieder seine Seele zurückgegeben und damit die Wunden geheilt, die das verheerende Feuer unter den Mitgliedern hinterlassen hatte. Selbst Niko Stoll sprach von einem „emotionalen Tiefpunkt“, den der Verein vor dreieinhalb Jahren durchlebte, als das 1919/20 errichtete und von den ehemaligen Undosa-Besitzer Hans Gruß für 65 000 Reichsmark gestiftete Gebäude ein Raub der Flammen wurde. Der Vorsitzendes des MYC organisierte zügig den Wiederaufbau des Gebäudes, zu dem sich die Segler nahezu einstimmig entschlossen.

Über tausend Stunden Eigenleistung investierten die Mitglieder, die es sich nicht nehmen ließen, in stattlicher Zahl bei der Einweihung zugegen zu sein. Die eigentlichen Holzarbeiten führte zu seinem eigenen Vergnügen der Erbracher Zimmerer Christian Haggenmüller aus. „Einem Holzbauer lacht das Herz, wenn er so etwas machen kann.“ Herausgekommen ist ein „echtes Schmuckstück“, wie Tim Weidner feststellte. Der dritte Landrat würdigte vor allem das Engagement des gesamten Clubs, der von den anfallenden Kosten in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro ungefähr ein Viertel selbst aufgebracht hat. „Hier ist etwas passiert, was nicht alltäglich ist“, stellte Weidner fest, „ich kann mir vorstellen, dass die Clubmitglieder noch mehr zusammengewachsen sind“.

Von diesem Geist soll das Bootshaus auch in Zukunft künden. „Möge es viele Jahrzehnte unversehrt bleiben und den Mitgliedern des MYC zu großen Nutzen gereichen“, lautete Stolls sehnlichster Wunsch. Durch die Herausforderung, ein so schwieriges Projekt zu stemmen, bekam der ohnehin selbstbewusste Club eine Ahnung von seiner wirklichen Größe.

Die Einweihung des Bootshauses fällt zusammen mit der Eröffnung der Starnberger Segeltage. „Eine Woche ist hier Segeln Trumpf“, fiebert Starnbergs Bürgermeisterin Eva John schon den zahlreichen Veranstaltungen in der kommenden Woche entgegen, deren Höhepunkt die Rennen der Segel-Bundesliga sein werden.

Wie sehr der MYC mit dieser Projektwoche den Nerv der gesamten Szene getroffen hat, verriet Dietmar Reeh. Der Vorsitzende des Bayerischen Segler-Verbandes würdigte den Mut des Clubs, „einen neuen Weg“ in der Vermarktung einer Regatta einzuschlagen. „Sie machen den Segelsport für ein breites Publikum erlebbar“. Dass selbst Menschen mit Behinderung nicht ausgeschlos-sen sind, hob Eva John besonders hervor. „Segeln, ohne Grenzen, ohne Barrieren, das ist für mich gelebte Inklusion.“ Und so erfüllte die Einweihung des Bootshauses und die gleichzeitige Eröffnung der Starnberger Segeltage für Micki Liebl auch einen prestigeträchtigen Zweck, den der Organisationschef nicht unerwähnt bleiben lassen wollte. „Dass wir Segel-Deutschland zeigen, dass seine Hauptstadt nicht in Kiel, sondern hier in Starnberg ist.“ Nach einer Zeit der Depression ist nicht nur das Bootshaus zurück, sondern auch der MYC.

Quellenangabe: Starnberger Merkur vom 29.04.2019, Seite 35